Transaktionsanalyse: Drei ICHs für gelungene Kommunikation
Wussten Sie, dass Sie zu dritt sind? Sie allein, in Ihrem Kopf? Und was das mit gelungener Kommunikation zu tun hat? Kommen Sie Ihren drei eigenen ICHs und denen Ihres Gegenübers auf die Spur. Erfahren Sie, wie Sie Gespräche mithilfe der Transaktionsanalyse konfliktfrei und konstruktiv gestalten und Beziehungen verbessern. Keine Sorge, dazu müssen Sie nicht auf die Couch. Sie lernen, anhand von Worten, Mimik und Gestik zu erkennen, mit welchem ICH Sie es gerade zu tun haben – bei sich selbst und Ihrem Gesprächspartner. Damit liegt es in Ihrer Hand, auf herausfordernde Situationen angemessen zu reagieren und ihnen die entscheidende Wende zu geben – als Vorgesetzter oder Mitarbeiter, als Kunde oder Verkäufer, als Freund oder Freundin.
Mit wem spreche ich?
Der US-amerikanischen Psychiater Eric Berne erkannte, dass Patienten in psychotherapeutischen Sitzungen je nach Gesprächssituation ihr Verhalten änderten. Mal verlief ein Austausch auf Augenhöhe, mal schien der Patient wütend, um im nächsten Moment in kindliches Verhalten zu verfallen. Aus diesen Beobachtungen entwickelte er die Transaktionsanalyse. Nach Berne sind in jedem Menschen drei ICHs vorhanden: das Eltern-Ich, das Erwachsenen-Ich und das Kindheits-Ich (Strukturmodell). Welches der drei ICHs agiert, hängt von der Situation und dem Gesprächspartner ab. Und es verrät sich durch bestimmte Formulierungen und Verhaltensweisen (Funktionsmodell).
Das Eltern-Ich: „Ich habe doch schon hundertmal gesagt…“:
Im Eltern-Ich-Zustand handeln wir nach Regeln, Geboten oder Verboten, die wir im Laufe unseres Lebens erlernt haben. Wie haben Eltern und Erzieher sich uns gegenüber verhalten, als wir Kind waren? Dieser Grundstock an Regeln gibt Orientierung und befähigt uns, schnell zu reagieren. Das ist ausreichend, um zu überleben und die gefährlichsten Klippen zu umschiffen. Manchmal geht ein innerer Dialog voraus, der darüber entscheidet, ob wir unser Gegenüber unterstützen oder maßregeln. Dieser zugewandte, tröstende Teil im Menschen ist das fürsorgliche Eltern-Ich. Das kritische Eltern-Ich hingegen beurteilt, kontrolliert und kritisiert. Harsche Worte treffen das Gegenüber. Wir hören Äußerungen wie: „Ich werde dafür sorgen, dass“, „Wenn ich Sie wäre“ und „Wie oft habe ich schon gesagt“. Wir runzeln die Stirn, erheben den Zeigefinger, verschränken die Arme vor der Brust.
Das Erwachsenen-Ich: „Ich denke, wir sollten…“
Ein angenehmer Zeitgenosse ist das Erwachsenen-Ich. Es ist sachlich, pragmatisch und ruhig. Es sammelt Daten und Fakten und verschafft sich einen Überblick über das Hier und Jetzt. Das Verhalten ist gelassen; Launen wie Wut und Trotz haben keinen Raum. In diesem Zustand sind wir in der Lage, unsere verschiedenen ICHs zu ergründen, uns zu reflektieren und unser Verhalten zu ändern. Im Erwachsenen-Ich-Modus sprechen wir ruhig und monoton. Wir wenden uns unserem Gesprächspartner zu und zeigen uns offen für seine Sichtweise. Sprachliche Indizien sind: „Ich denke“, „Ich glaube“ oder „Ich meine“. Wir halten freundlichen Blickkontakt zu unserem Gegenüber und nicken zustimmend.
Das Kindheits-Ich: „Ich will aber…“
Das freie Kindheits-Ich zeigt sich, wenn wir uns freuen, lachen und im Flow sind. Wir sind kreativ und wissenshungrig. Das rebellische Kindheits-Ich hingegen wird wütend und widersetzt sich. Ganz anders verhält sich das angepasste Kindheits-Ich, wenn es Regeln, Gebote und Verbote befolgt. Das Kindheits-Ich ist die Ansammlung aller Verhaltensweisen und Gemütszustände, die wir im Laufe unseres Lebens entwickelt haben – als Reaktion auf die Autorität, die uns als Eltern-Ich gegenübergetreten ist. Hinweise sind Formulierungen wie „Man muss“ oder „Es gehört sich so“. Auf körperlicher Ebene zeigt sich das Kindheits-Ich durch gesenkten Blick, Achselzucken oder eine leise Stimme.
ICH trifft ICH
Im Kunden- oder Personalgespräch treffen die ICHs zweier Menschen aufeinander. Welches ICH in diesem Moment agiert, hängt von der Situation, den Inhalten und der Beziehung der Gesprächspartner ab. In der parallelen Transaktion kommunizieren zwei gleiche ICHs miteinander. Sender und Empfänger begegnen sich auf gleicher Ebene, sie verstehen sich, das Gespräch verläuft harmonisch. Konflikte und Unzufriedenheit hingegen entstehen aus verdeckten und überkreuzten Transaktionen. In der verdeckten Transaktion stimmen Sach- und Beziehungsebene nicht überein. Die Worte richten sich beispielsweise vom Erwachsenen-ICH des Senders an das Erwachsenen-ICH des Empfängers. Die dahinter liegende Intention ist jedoch eine andere und spricht aus dem Kindheits-ICH heraus das Eltern-ICH an. Die verdeckten Erwartungen werden falsch verstanden oder nicht wahrgenommen – Unstimmigkeiten und Enttäuschungen sind vorprogrammiert. Bei einer überkreuzten Transaktion folgt auf einen Stimulus eine unpassende Reaktion: Als Stimulus richtet sich beispielsweise das Erwachsenen-ICH eines Mitarbeiters an das Erwachsenen-ICH eines Kollegen; die Reaktion des Kollegen jedoch erfolgt aus dem Eltern-ICH und richtet sich ans Kindheits-ICH seines Gegenübers – ein harmonisches Gespräch ist nicht möglich, die Kommunikation bricht zusammen.
Wie Sie die richtigen Fragen stellen
Kommunikation kann gelingen, wenn wir uns bewusst machen, welcher ICH-Zustand gerade bestimmend ist, bei uns selbst und unserem Gesprächspartner. In welcher Situation spricht welches meiner ICHs? Welches ICH hat mir geantwortet? War das Gespräch ruhig oder emotional angespannt? Welche Reaktionen ruft die Ansprache meines Gegenübers in mir hervor? Antworte ich aus dem passenden ICH heraus? Äußere ich mein Anliegen offen und verständlich? Wenn wir bereit sind, unsere ICHs kennenzulernen, dann können wir bewusst entscheiden, wem wir das Ruder in die Hand geben. Dann gelingen Gespräche und Beziehungen, für beide Seiten.